Donnerstag, 5. Juli 2007

TENDER BAR

Unverhofft wurde mir gestern ein Beitrag eines östereichischen Radiosenders zuteil, der sich aufschwang ein Hörbuch der Woche zu küren. Die Wahl fiel auf das Werk "Tender Bar" von J.R.Moehringer, welches kürzlich erschienen eindrucksvoll von Ulrich von Noethen gelesen wird.
Es handelt sich um einen Roman, in dessen Mittelpunkt die "Dickens Bar" in Manhasset/Long Island steht und die sich exakt 142 Schritte vom Wohnort des Hauptprotagonisten befindet und für ihn von Kindeszeiten an ein glorifizierter Ort ist.

Ein kleiner Einblick sei in diese emotional geladene Entwicklungsgeschichte eines kleinen Jungen zum reifen Mann gegeben:

"Mit acht Jahren träumte ich ständig davon, ins Dickens zu gehen, so wie andere Jungen von einem Besuch in Disneyland träumten."

Und irgendwann ist es soweit: Onkel Charlie führt ihn in die Welt des Dickens ein. Die Männer nehmen JR auf, erst als kleinen Neffen des angesehenen Barmanns, später als Freund und Saufkumpan. Im Dickens findet JR unzählige Ersatzväter: Joey D, Steve, Bobo, Colt, Fuckembabe, Bob the Cop und wie sie alle heißen. Bei ihnen fühlt sich der Kleine wohl, denn die Männer sprechen über die wirklich wichtigen Dinge im Leben: Baseball, Boxen, Pferdewetten, Frauen und Alkohol. Stück für Stück führen sie ihn in die Rituale der Männerwelt ein. JR fängt an, sich ihre Gespräche auf Servietten zu schreiben, beobachtet sie beim Trinken, bis er irgendwann anfängt mitzutrinken. Im Verlauf der Jahre wird die Bar für JR zu einem Zufluchtsort, in dem er sich vor der Welt verstecken, sie vergessen kann. Die Bar wird Familie, Heimat, Geborgenheit und Motivation: sie "nahm sich seiner an", gab ihm "seinen Glauben zurück", "hütete" und "rettete" ihn. Das Dickens bleibt auch in Zeiten, in denen JR nicht mehr in Manhasset lebt, sein Zuhause und sein Bezugspunkt. Zu ihr kehrt er zurück wenn er glücklich ist, um mit seinen Freunden zu feiern und er kehrt zurück wenn er leidet und Trost braucht. Die Bar ist da und nimmt ihn auf."

Die Bar rettete ihn lang bevor er trinken durfte, gab ihm seinen Glauben zurück, hütete ihn als Teenager und als er ein junger Mann war nahm sie sich seiner an. Eines Abends wies die Bar ihn ab und rettete ihm so das Leben

Reine Poesie, die es sich lohnt ins Haus zu holen!

Erhältlich als Buch in klassischer Form und als Hörbuch!

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

ein famoses buch. auch wenn die bar nicht der absolute mittelpunkt der handlung ist, so ist doch die bar der mittelpunkt des hauptcharakters. nicht nur für barliebhaber, aber für die im besonderen. definitiv eines der besten Bücher des Jahres!