Alex Balk, von Gwaker.com, gestattete mir oben stehendes Bild zu posten. Gwaker.com (daily Manhattan) berichtete heute über Old Town Bar At War With Waverly Inn. Eine New Yorker Institution, die Old Town Bar, hat dem neuen "posh" Restaurant Waverly Inn des Vanity Fair NY Editors Graydon Carter in sehr amüsanter Weise "den Krieg erklärt".
Wie man unschwer auf dem Bild erkennen kann, hat die Old Town Bar ein kleines Problem mit der Reservierungspolitik des Waverly Inn. Ich muss gestehen, dass ich die "Antwort" von der Old Town Bar für sehr lustig halte, etwas weniger unter der Gürtellinie wäre auch hier fein gewesen.
Interessant finde ich dabei, wie unterschiedlich ein ähnliches "System" beim geschätzten Publikum ankommt.
Zum Vergleich, Sasha Petraskes, 2000 gegründetes Milk and Honey New York. Die Idee: Ein Platz für interessierte Trinker, erstklassig zubereitete Getränke, extrem aufmerksames Personal und weltoffene Gästeklientel. Die Vergabe nach dem Prinzip "Apointment and Reservations only." Noch heute wird die Rufnummer in dem höchsten 30 Gäste fassendem Lokal geändert, sobald Sie mal wieder im Internet (verfluchtes Web 2.0) veröffentlicht wurde.
Dale de Groff war von den Anfängen dieser Bar und Sashas Person so begeistert, das er im einen kleinen Artikel im legendären The Craft of the Cocktail widmet. Sasha kam aus dem nichts (ok. er hat vorher im bis dato eher unbekanntem VON gearbeitet) und begann als einer der ersten wieder klassische Cocktails zu mixen. Er reduzierte die Bar auf das Wesentliche.
"The cosmopolitan is a ridiculous cocktail," Petraske said. "If you offer it, people will never try anything different. I don't carry cranberry juice anymore, so I don't have to make them." (wie recht der Mann hat - Cranberry ade - die Zweite!)
Die Früchte waren frisch, die wenigen Säfte ebenfalls. Er reduzierte Getränke auf ein Minimum, ließ alles was Posh und Angesagt war weg. Überteuerte Spirituosen und Markenwahn sind Ihm zuwider. Bis heute gibt er keine Interviews und es gibt nur verdammt wenig Fotos von Ihm. Seine geschlagenes Eis aus ganzen Eisblöcken, ein Stück für jedes Glas, wurde legendär:
Versteckt hinter einer unscheinbaren Tür eines "Schneiders" versteckte Sasha seine Bar.
Nach und nach wurden möglichst viele Zutaten selbst zubereitet, Granatapfelsirup, Ingwer Beer... alles hausgemacht. Mit der Zeit wuchs die Anzahl der erfahrenen Barkeeper und Maids auf deren Ausbildung er sein Augenmerk legte und die er überwiegend aus gastro fernen Bereichen rekrutierte.
Das wichtigste an einer Bar aber sind deren Gäste. Um hier die Richtige Mischung zu schaffen, gelten neben der Reservierungspolitik (Bekannte und deren Freunde/Empfehlungen) acht Regeln, die es zu beachten gilt:
„in order to respect the bar“:
No name dropping, no star-f*cking.
No hooting, hollering, shouting or any other loud behaviour.
No fighting, play-fighting, no talking about fighting.
Gentlemen will remove their hats. Hooks are provided.
Gentlemen will not introduce themselves to ladies. Ladies feel free to start a conversation or ask the bartender to introduce you. If a man you don't know speaks to you, please lift your chin slightly and ignore him.
Do not linger outside the front door.
Do not bring anyone unless you would leave that person alone in your home. You are responsible for the behaviour of your guests.
Exit the bar briskly and silently. People are trying to sleep across the street. Please make all travel plans and say all farewells before leaving the bar.
Quentin Tarantino war einer der Ersten, der die Ernsthaftigkeit dieser Regeln mit einem Rausschmiss quittiert bekam.
(Der damit verbundene Medien Rummel in NY kam der Bekanntheit der Bar selbstverständlich zugute)
Kurz: Sasha schaffte mit Jahre langer Arbeit einen situierten Platz für Cocktail Interessierte Menschen. Die Drinks sind hier zwar teuer (Rechnungen gibt es übrigens keine, CASH ONLY), aber die Kunden werden nicht nach Ihrem Einkommen oder gesellschaftlichem Status beurteilt. Jeder, der sich (auch noch im betrunkenem Zustand) benehmen kann, ist prinzipielle Willkommen.
Trotz des Regelwerkes und des permanenten Rufnummer wechseln (meist läuft auf den alten Nummern eine Charmante Ansage :" In Case of Fire - call 911") ist es Sasha gelungen, einen einzigartigen Platz, bei der gebotenen Qualität zu Recht nicht preiswert, aber fernab von hippness über Jahre zu etablieren.
Auch betriebswirtschaftlich ist das Konzept interessant (aber vielleicht auch nur in NY möglich) - Die Lage ist Off - Seitenstrasse Nähe China Town - Mieten (für Manhattan) eher günstig. Die Fassade der Bar wurde
nicht bearbeitet (spart Geld - eine Kamera und ein Summer mussten eingebaut werden - eine alte Schneiderpupe schmückt die runtergekommene Schaufenster - ach ja. neuerdings kann man den Eingang an einem Roten Eimer, gefüllt mit Sand und Zigarettenstummeln erkennen) - das Innenleben der Bar ist, in Anlehnung an ein Speakeasy, eher schlicht und einfach. Bis auf ein elektrisches Licht an der Bar und zwei Batterie betriebenen Notausgang Leuchten gibt es im Lokal ausschließlich Kerzenlicht (davon im Ganzen sehr wenig). Bei Gläsern wird auf jeden Design Aspekt verzichtet, sie sind schlicht und kommen z.B. von ARC, einem sehr preiswerten Anbieter aus Frankreich. Es gibt keine Rechnungsblöcke, kein Kassensystem, keine Internetseite, etc etc. Ein öfter zu wechselnder Telefonanschluss (in Amerika dank SKYPE und eines Mobiltelefons möglich - in Deutschland leider so nicht umsetzbar) und Visitenkarten ohne Telefonnummer sind die einzigen Werbekosten die man hat! Das Konzept ist Personalintensive (bis zu 4 Personen bei gut 30 Gästen) aber die Preise sollten einen Teil wieder wett machen. Andererseits habe ich den Eindruck (ohne dies zu Wissen), dass die Mitarbeiter auch für wenig Gehalt arbeiten würden, denn das Trinkgeld ist auch hier überdurchschnittlich gut und das Renommee des Hauses sorgt mittlerweile denke ich für eine Art Personal "Warteliste".
Bei meinen Besuchen hat mich das Mlk & Hny immer wieder beeindruckt. Am meisten beeindruck hat mich die Tatsache das ich Sasha Petraske nie hinter der Bar des Milk and Honeys angetroffen habe, die Bar aber dennoch ihr hohes Niveau hält.
In der Regel ist die Bar ein Personen bezogenes Geschäft - gerade wenn es nicht um "Nebensächlichkeiten" wie hippes Lokal oder Szene Gastronomie geht. Es ist unglaublich wie Sasha es geschafft hat, dieses System zu multiplizieren.
Milk and Honey, Little Branch, East Side Company. Beratung von Double Seven und nun der Bemelman Bar. Gründung einer Kooperation mit Jonathan Downey, Inhaber der Match Bar Gruppe London (die Internetadresse mlkhny.com gehört übrigens zu dieser -uk Gastro-Gruppe und der Londoner Mlk & Hny Bar)
Gerade übernommem: Jack's Luxury Oyster Bar (East Village) und bereits Eröffnet: Mighty Ocelot (Wein Bar & Belgisches Bier). Vor kurzem eröffnet: CUFFS and BUTTONS - New Yorks Premier Cocktail Service n zusammen mit Christy Pope and Chad Solomon (Ex Pegu) ...
Man könnte zu Recht behaupten, dieser Mann ist durchaus umtriebig. Er und seine Idee sind sicherlich alles andere als Arrogant, vielleicht gefallen Sie nicht jedem, er hat aber durchaus Erfolg damit. Es ging und geht Ihm darum, das richtige Konzept am richtigen Ort zu etablieren. Das unterscheidet Ihn eventuelle vom Anfangs erwähnten Mr. Carter.
Vielleicht hätte Mr. Carter eine Regel in sein Konzept mit aufnehmen sollen:
No name dropping, no star-f*cking.
Fantastischer Artikel...
AntwortenLöschenvielen Dank Joerg
Ich geniesse deine Detailtreue immer wieder.
Mike
Vielen Dank Mike, freut mich, das der Artikel gefällt...
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